We Are Family
Da bin ich nun, bei meinen Eltern, über Ostern.
Wenn mir die Stadt, in der ich studiere, auf den Wecker geht und ich das Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel habe, kehre ich hierhin zurück. Hierhin, das bedeutet: Land, Landleben, ein Dorf, das etwa 2000 Einwohner hat, in dem jeder jeden kennt, in dem die Jugend erwachsen wird, dann merkwürdigerweise meistens bleibt, Häuser baut, Kinder bekommt. Ein Dorf, in dem es elementare Bedeutung hat, welche Farbe die Stiefmütterchen auf den Gräbern auf dem Friedhof haben und wer gerade gestorben ist. Obwohl es einen relativ großen Supermarkt, vier Bäckereien, einen Großmarkt für Gartengeräte, einen Frisör, diverse Metzger, Klamottenladen, Ärzte en masse und einen Frisörsalon gibt, scheint bei den Einwohnern die Zeit einfach stehenzubleiben.
Wenn ich hierher komme, bin ich Eindringling. Meine Eltern machen weiter wie jeden Tag, es interessiert nur selten jemanden, wie mein Leben aussieht, wenn die Auszeit zuhause im Dorf vorbei ist und ich wieder dahin zurückkehre, wo ich 90% meiner Zeit verbringe. Es interessiert keinen, was ich so tue, wie mein Studium läuft, ob ich Freunde habe, wie es mir geht. Irgendwie deprimiert es mich. Meine Eltern haben mich nie wirklich umsorgt. Ich lebe noch, klar, sie haben auf mich aufgepasst, sie geben mir finanzielle Hilfe, ohne sie könnte ich nicht so leben wie ich lebe.
Aber sie lassen mich völlig "alleine", was mein wirkliches Leben betrifft. Sie vertrauen meiner Selbstständigkeit, sagen sie. Sie wissen, dass mir nichts schlimmes passieren wird, denn immerhin haben sie mich so erzogen, dass ich mich alleine zurechtfinde. Schon als Kind ist nie jemand sofort aufgesprungen um mir zu helfen, wenn ich mal ein kleines Problemchen hatte. Zuerst sollte ich selbst versuchen, es zu lösen. Im Grunde bin ich ihnen mehr als dankbar dafür. Ich brauche keine übertriebene Fürsorge und Betüdelung.
Doch wo ist die Grenze zwischen "Wir machen uns keine Sorgen um das Leben unserer Tochter" und echtem Desinteresse? Manchmal erscheint sie mir verwischt, denn manches Mal wünschte ich, einer von ihnen würde mal alle Dorfbelange beiseite schieben, sich zu mir setzen und fragen: Was ist eigentlich aus unserer Tochter mittlerweile geworden?
Irgendwie habe ich allerdings das Gefühl, dass das so schnell nicht passieren wird. Dennoch werde ich immer wieder mal hierher zurück kommen, in dieses Dorf. Ich werde ein paar Tage bleiben und dann wird es mich wieder wegziehen, so wenig gehöre ich hierher.
Aber sagt es ihnen nicht!
Wenn mir die Stadt, in der ich studiere, auf den Wecker geht und ich das Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel habe, kehre ich hierhin zurück. Hierhin, das bedeutet: Land, Landleben, ein Dorf, das etwa 2000 Einwohner hat, in dem jeder jeden kennt, in dem die Jugend erwachsen wird, dann merkwürdigerweise meistens bleibt, Häuser baut, Kinder bekommt. Ein Dorf, in dem es elementare Bedeutung hat, welche Farbe die Stiefmütterchen auf den Gräbern auf dem Friedhof haben und wer gerade gestorben ist. Obwohl es einen relativ großen Supermarkt, vier Bäckereien, einen Großmarkt für Gartengeräte, einen Frisör, diverse Metzger, Klamottenladen, Ärzte en masse und einen Frisörsalon gibt, scheint bei den Einwohnern die Zeit einfach stehenzubleiben.
Wenn ich hierher komme, bin ich Eindringling. Meine Eltern machen weiter wie jeden Tag, es interessiert nur selten jemanden, wie mein Leben aussieht, wenn die Auszeit zuhause im Dorf vorbei ist und ich wieder dahin zurückkehre, wo ich 90% meiner Zeit verbringe. Es interessiert keinen, was ich so tue, wie mein Studium läuft, ob ich Freunde habe, wie es mir geht. Irgendwie deprimiert es mich. Meine Eltern haben mich nie wirklich umsorgt. Ich lebe noch, klar, sie haben auf mich aufgepasst, sie geben mir finanzielle Hilfe, ohne sie könnte ich nicht so leben wie ich lebe.
Aber sie lassen mich völlig "alleine", was mein wirkliches Leben betrifft. Sie vertrauen meiner Selbstständigkeit, sagen sie. Sie wissen, dass mir nichts schlimmes passieren wird, denn immerhin haben sie mich so erzogen, dass ich mich alleine zurechtfinde. Schon als Kind ist nie jemand sofort aufgesprungen um mir zu helfen, wenn ich mal ein kleines Problemchen hatte. Zuerst sollte ich selbst versuchen, es zu lösen. Im Grunde bin ich ihnen mehr als dankbar dafür. Ich brauche keine übertriebene Fürsorge und Betüdelung.
Doch wo ist die Grenze zwischen "Wir machen uns keine Sorgen um das Leben unserer Tochter" und echtem Desinteresse? Manchmal erscheint sie mir verwischt, denn manches Mal wünschte ich, einer von ihnen würde mal alle Dorfbelange beiseite schieben, sich zu mir setzen und fragen: Was ist eigentlich aus unserer Tochter mittlerweile geworden?
Irgendwie habe ich allerdings das Gefühl, dass das so schnell nicht passieren wird. Dennoch werde ich immer wieder mal hierher zurück kommen, in dieses Dorf. Ich werde ein paar Tage bleiben und dann wird es mich wieder wegziehen, so wenig gehöre ich hierher.
Aber sagt es ihnen nicht!
Solskin - 6. Apr, 18:50
umgekehrt
Ich gehe sehr gerne in das Dorf zurück, aus dem ich komme. Allerdings muss man dazusagen, dass es ein wenig anders ist als bei dir. Meine Eltern kommen beide nicht daher, kennen also die Strukturen auch gar nicht so gut, es gibt sowieso mehr Einwohner und auch mehr -fluktuation. Gelegentlichen gossip kriegen wir ab und zu mit durch eine Nachbarin oder durch meine Ex-Kinderfrau, alle schon lange ortsansässig. Aber meine Eltern interessiert das auch nicht so sehr.
Ich komme gerne zurück in unser Dorf. Dort bin ich aufgewachsen, kenne in der Umgebung jeden Stein, jeden Baum, jedes Feld, weil ich dort als Kind ständig herumsprang. Bin traurig, wenn irgendein mir besonders liebes Feld als Baugrund erschlossen wird. Wenn ich nach Hause komme, ist es fast so, als sei keine Zeit vergangen, seit ich ausgezogen bin. Mein Zimmer ist noch fast so, wie es immer war (alle Wände voll mit Postern, Bildern etc. - ich war daher auch sehr froh, ausziehen zu können, um so mehr Wände zu gewinnen ;o)), mein Klavier steht noch da und ich liebe es nach wie vor, obwohl es optisch nicht sehr schön ist (es ist holzbraun - ich finde schwarz hübscher). Und doch weiß auch ich, so ganz gehöre ich da auch nicht mehr hin.
Das habe ich auch gestern wieder gemerkt: ich war in der Kirche und ich war lange Messdiener, am Ende eher Gruppenleiter bei diversen Veranstaltungen. Die Kiddies, denen ich damals nachts Gruselgeschichten erzählt habe und die mir dauernd in die Arme sprangen, die ich bei Heimweh tröstete, sind jetzt schon zwischen 14 und 16, die neuen Kleinen kennen mich gar nicht mehr.
Aber was ich eigentlich noch schreiben wollte: Meine Eltern, bzw. meine Mutter, interessiert sich schon fast zu sehr dafür, was ich so tue. Einerseits kann ich das absolut verstehen, aber andererseits ist es auch schrecklich ermüdend. Zumal ich so ganz anders bin als der Rest meiner Familie. Ich kriege immer alles gebackenen, rechtzeitig und normalerweise auch mit guten Ergebnissen. Dennoch plane ich nicht alles von langer Hand und tue sehr viel nebenbei. Dinge, die mir wichtig sind und ohne die ich nicht leben könnte. Uni mache ich zwar auch, aber mein Herz hängt nicht daran. Der Nachteil ist halt, meine Mutter hat auch studiert, sie weiß also genau, wie so ein Unibetrieb läuft, d.h. ich kann ihr nichts vormachen. Das ist sehr schade manchmal ;o) Und wenn sie dann tausendmal nachfragt, wie weit ich denn schon mit der und der Hausarbeit bin und was ich für dieses oder jenes Seminar noch machen muss, dann kann das schon ganz schön nerven. Ich weiß, dass sie es nur gut meint, aber manchmal wird mir das echt zu viel. Und sie interessiert sich auch immer dafür, mit wem ich so rumhänge. Sie hatte von jeher immer ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Freunden - in der Schulzeit kannte man die ja als Eltern noch eher, weil sie im eigenen Haus aus und ein gingen - und vermutlich rührt ihr Interesse daher.
Was ich damit sagen will? Ich weiß es nicht so ganz genau ;o) Ich glaube, ich wollte dir sagen, dass es bei mir teilweise genau umgekehrt ist, dass meine Mutter sich schon fast zu viel für mich interessiert, was manchmal beengend wirkt, auch wenn es nur aus ehrlichem Interesse und Sorge um meine Zukunft geschieht. Es hat also alles seine Vor- und Nachteile.